How to get support in Austria

Was ist ein hate crime (Hassverbrechen)?

→„Hate crimes sind kriminelle Handlungen mit einem Vorurteilsmotiv gegen bestimmte Personengruppen.“[1]

hate crimes (Hassverbrechen, Vorurteilsdelikte, vorurteilsmotivierte Straftaten) müssen also zwei Elemente erfüllen:

  • Der*die Täter*in hat bei der Tat ein Vorurteilsmotiv
  • Es handelt sich um ein strafrechtliches Delikt des*der Täter*in

→ Ein hate crime ist also eine Straftat mit einem vorurteilsbehafteten Handlungsgrund.

→ Hier kann es sich um ein rassistisches, anti-muslimisches, antisemitisches oder antiziganistisches sowie um ein ableistisches (behindertenfeindliches), misogynes und/oder homo- oder transphobes hate crime handeln.

Hier ist der Begriff Intersektionalität mitzudenken, der bei Überlegungen zu hate crime eine Rolle spielen kann. Ein hate crime muss vorurteilsmotiviert sein, um eben ein hate crime darzustellen! Aber es muss nicht nur EIN Motiv dahinterstehen – es können auch zwei oder mehrere Motive/Diskriminierungsgründe sein, die der Tat zu Grunde liegen.

§ 33 Strafgesetzbuch (StGB) – „die besonderen Erschwerungsgründe“

Im österreichischen Strafgesetzbuch befindet sich der sogenannte § 33 Abs 1 Z 5 – die „besondere Erschwerungsgründe“. Dieser Paragraph hält fest, wann ein besonderer Erschwerungsgrund (einer Tat) vorliegt. Dies ist der Fall, wenn ein*e Täter*in …

… „aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder anderen besonders verwerflichen Beweggründen, insbesondere solchen, die sich gegen eine der in § 283 Abs 1 Z 1 genannten Gruppen von Personen oder ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe richten, gehandelt hat.“

Im österreichischen Kontext gehen wir also davon aus, dass die Einzelpersonen oder Gruppen, die wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die in § 283 Abs 1 Z genannt sind, von hate crime | Vorurteilskriminalität | Hassverbrechen | Hassdelikten | vorurteilsmotivierter Gewalt betroffen sein können.

Hate crimes sind also im österreichischen Kontext Straftaten …

„gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den vorhandenen oder fehlenden Kriterien […] der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer körperlichen oder geistigen Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung“.

Welche (Straf-)Taten können in Österreich als hate crime bzw. als Vorurteilskriminalität gelten?

  • Vorurteilsmotivierte Körperverletzung (§ 83 StGB, § 84 StGB, § 85 StGB, § 86, § 87)
  • Vorurteilsmotivierte gefährliche Drohung (§ 107 StGB)
  • Vorurteilsmotivierte Sachbeschädigung (§ 125 StGB, § 126 StGB)
  • Vorurteilsmotivierte Brandstiftung (§ 169 StGB)
  • Vorurteilsmotivierte Beleidigung (§ 115 StGB)
  • Verhetzung (§ 283 StGB) vor vielen Leuten auf der Straße und/oder im Internet
  • Vorurteilsmotivierte Störung einer Religionsübung (§ 189 StGB)

Diese Liste beinhaltet lediglich Beispiele. Sollten Sie sich unsicher sein, ob die Erfahrung, die Sie gemacht haben, eine Straftat darstellt, lassen Sie sich jederzeit von einer Beratungsorganisation beraten.

Was kann ich tun unmittelbar nachdem ich mit Vorurteilsmotiv beschimpft, beleidigt, bedroht oder angegriffen wurde?

Sie wurden beleidigt, beschimpft, angegriffen, verletzt oder Ihr Eigentum wurde beschädigt und Sie sind sich sicher, dass der*die Täter*in gehandelt hat, weil er*sie Vorurteile hat und seinen Hass aufgrund von Vorurteilen, die auf vorurteilsbehafteten (rassistischen, ableistischen, misogynen, homophoben) Ideen beruhen, ausgelebt hat?

Das kann eine einschneidende Erfahrung sein, die sich von einer „normalen“ Straftat abhebt – holen Sie sich Unterstützung!

Nachdem Sie eine vorurteilsbehaftete Erfahrung gemacht haben, die Sie als eine der oben angegebenen Straftaten erkennen, können Sie Anzeige erstatten und sich Unterstützung für (rechtliche) Schritte holen. Anzeige erstatten können Sie …

  • entweder direkt bei der Polizei,
  • direkt bei der Staatsanwaltschaft,

wenn das Ihr Wunsch ist, oder

  • mithilfe einer Beratungs- bzw. Unterstützungsorganisation.

Bevor Sie eine Anzeige, z.B. bei der Polizei, tätigen, haben Sie die Möglichkeit Anzeigeberatung in Anspruch zu nehmen. Sie können bei unterschiedlichen Organisationen – u.a. bei ZARA – Zivilcourage & Anti-Rassismus-Arbeit, beim WEISSEN RING und/oder bei Männer- und Frauenberatungseinrichtungen sowie bei den Antidiskriminierungsstellen Steiermark und Salzburg– kostenlose Anzeigeberatung beanspruchen.

Wenn Sie direkt zur Polizei gehen, um eine Anzeige zu tätigen, sollten Sie wissen, dass Sie eine Anzeige nicht zurücknehmen und auch nicht mehr im Nachhinein ändern können. Wenn Sie eine Anzeige tätigen, müssen Sie damit rechnen, ein bis zwei Mal bei der Polizei aussagen zu müssen.

Ohne spezifische Beantragung sind Sie bei der Polizei als Zeug*in geführt. Das heißt, sie haben nicht automatisch alle Rechte, die ein sogenanntes „Opfer“, wie es in der Strafprozessordnung (StPO) festgehalten ist, hat. Sollten Sie das Bedürfnis haben, nicht allein zur Polizei gehen zu wollen, haben Sie das Recht, eine Vertrauensperson mitzunehmen. Das kann ein*r Bekannte*r sein, ein Familienmitglied oder ein*e geschulte Berater*in.

Achtung: Die Person, die Sie als Vertrauensperson zur Polizei mitnehmen, darf nicht gleichzeitig Zeug*in des Vorfalls sein. Das ist nicht erlaubt.

Was tue ich, wenn ich (leicht bis schwer) verletzt wurde?

Wenn Sie (leicht bis schwer) verletzt wurden, und Sie ein Vorurteilsmotiv dahinter vermuten, und ins Krankenhaus gehen, um dort medizinisch versorgt zu werden, empfehlen wir Ihnen, sämtliche Dokumente von dort aufzubewahren.

Zuallererst ist es natürlich wichtig, dass Sie gesund werden. In weiterer Folge, wenn Sie (rechtliche) Schritte gegen die*den Täter* in einleiten wollen, brauchen Sie die Dokumente, die Ihre Verletzungen belegen, als Beweismittel. Das Krankenhauspersonal ist dazu verpflichtet, Anzeige zu erstatten, wenn Sie eine Person medizinisch versorgen, die angibt, von jemandem verletzt geworden zu sein.

Im Normalfall meldet sich die Polizei recht rasch bei Ihnen, wenn eine Anzeige vom Krankenhauspersonal getätigt wurde, um Sie zu einer Vernehmung einzuladen. Wenn das nicht der Fall ist, haben Sie die Möglichkeit eine ergänzende Aussage einzuleiten, um der Polizei zu schildern, dass es sich um eine vorurteilsmotivierte Tat handelte.

Achten Sie zuerst auf Ihre Gesundheit, aber sobald Sie wieder gesund sind, empfehlen wir Ihnen, eine solche ergänzende Aussage sofort einzuleiten!

Sie können allein zur Polizei gehen und eine solche ergänzende Aussage beantragen und tätigen. Sollten Sie sich dabei unwohl fühlen oder dies nicht alleine machen wollen, wenden Sie sich jederzeit an eine Beratungsorganisation und lassen Sie sich beraten, unterstützen und/oder begleiten.

Kostenlose Prozessbegleitung

Die Prozessbegleitung ist ein bewährtes Konzept, das Betroffenen – im Gesetz sogenannten Opfern von Gewalt, gefährlicher Drohung und/oder solche, die in ihrer sexuellen Integrität verletzt wurden – ermöglicht, kostenlos  – psychosozial und juristisch – bei rechtlichen Schritten unterstützt zu werden.

Wenn Sie Gewalt aufgrund Ihres Aussehens bzw. Ihrer (vermuteten) Religionszugehörigkeit erlebt haben oder wenn Sie deshalb gefährlich bedroht oder in Ihrer sexuellen Integrität verletzt wurden, haben Sie Anspruch auf kostenlose – psychosoziale sowie juristische – Prozessbegleitung.

Kostenlose Prozessbegleitung können Ihnen staatlich anerkannte Opferschutzeinrichtungen bieten – wie z.B. der WEISSER RING – Verbrechensopferhilfe, sämtliche Gewaltschutzzentren in Österreich sowie spezifische Männer- und Frauenberatungsorganisationen.

Bei Fragen oder Informationsbedarf diesbezüglich wenden Sie sich jederzeit an die Beratungsorganisation Ihres Vertrauens. Dort werden Sie entweder weitervermittelt oder beraten, bei der Anzeige unterstützt, zur Polizei begleitet und/oder Sie können Ihre Erfahrung kundtun, in Ruhe besprechen, gehört werden und melden – auch anonym, wenn das Ihr Wunsch ist.

An wen kann ich mich wenden?

 

Sie sind nicht allein! Wenden Sie sich an die Beratungs- bzw. Opferschutzeinrichtung Ihres Vertrauens! Hier sind einige aufgezählt:

ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassimus-Arbeit

Weisser Ring: Verbrechensopferhilfe

Dokustelle – Islamfeindlichkeit & Anti-Muslimischer Rassismus

Gewaltschutzzentren & Interventionsstellen Österreich

AÖF – Verein Autonome FrauenhäuserAntidiskriminierungsstelle Steiermark

Antidiskriminierungsstelle Salzburg

[1]Hier handelt es sich um die praxisorientierte hate crime Definition, die vom OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) formuliert wurde.